Hundesteuer-Posse: Ein verzwickter Fall

Marianus Krall soll Hundesteuer zahlen, obwohl er keine Hunde hat

Die Stadt Hilden steht normalerweise nicht so sehr im Mittelpunkt des überregionalen Interesses. Nun aber stürzen sich die Zeitungen und Fernsehsender (u.a. RP, WDR, RTL, ZDF) aus dem ganzen Lande auf die Posse um einen Hundesteuerbescheid für Hunde, die es angeblich nicht gibt.

Ist ja auch eine merkwürdige Geschichte. Was ist da los?

 

Der Fall scheint klar: Im Haushalt von Marianus Krall (Foto oben) gibt es – nach seiner Auskunft – keine Hunde, also muss er auch nichts zahlen.

Doch so einfach ist das doch nicht.  

Und zwar weil die Juristerei ein Kosmos für sich ist, erklärt Kralls Anwältin Martina Hannewald im Gespräch mit anzeiger24.de: „Es gibt ein Verwaltungsverfahrensgesetz. Und da gelten strenge Formvorschriften.“
Darauf beruft sich die Stadt.

 

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Was ist das Problem?

Nach Erhalt des Hundesteuerbescheids Ende Januar hat Marianus Krall einen Widerspruch per E-Mail an das zuständige Amt verschickt. „Doch das Widerspruchsverfahren ist unglücklich gelaufen“, sagt Martina Hannewald. Er habe zwar „die Frist gewahrt, aber nicht die Form“.

Was bedeutet das? Er hat keine (elektronische) Signatur gesetzt, seine Nachricht also nicht offiziell unterzeichnet. „Damit ist der Widerspruch unwirksam“, sagt die Juristin. Dabei hat er noch innerhalb der Widerspruchsfrist den Fall in der Sprechstunde von Bürgermeister Claus Pommer vorgetragen. Dieser erklärte daraufhin, dass die Angelegenheit erledigt sei. Aber das war offenbar verwaltungsformal auch nicht korrekt. Auf dessen Aussage hatte sich Marianus Krall aber verlassen.

 

Doch dann ist die Frist verstrichen, der Widerspruch bleibt unwirksam, und – so drückt es der Jurist aus – der Hundesteuerbescheid ist „in Bestandskraft erwachsen“, muss also vollzogen werden.

 

„Da wiehert ja der Amtsschimmel“, mag der Volksmund nun sagen. Doch in diesem Punkt hat die Stadt offenbar streng formaljuristisch korrekt gehandelt.

 

Doch warum erklärt die Stadt dies nicht auf Anfragen von Journalisten? Das Rathaus verweist auf das „Steuergeheimnis“ und den „Datenschutz“ – auch das scheint also gesetzlich geregelt zu sein. Und so muss es die Verwaltung augenblicklich so viel Ärger und Häme aushalten.

 

Eine vertrackte juristische Situation also. Was tun?

Bleibt trotzdem noch die Ursache des ganzen Streits zu klären: Wieso kommt die Stadt überhaupt zu der Überzeugung, dass Marianus Krall ein Hundebesitzer sei, der seine Steuer nicht zahlt?

Es wird vermutet, die Sachbearbeiterin habe Hundefotos auf dem Facebook-Profil von Marianus Krall entdeckt und daraufhin die Höhe der Steuer „geschätzt“, weil er ja „keine Angaben“ gemacht habe. Der Betroffene aber erklärt, dies seien Hunde seiner Tochter und von Freunden gewesen. Das habe er dem Amt auch mit den entsprechenden Angaben mitgeteilt.

 

Wenn dem so sein sollte: Kann sich die Stadt jetzt tatsächlich auf Facebook-Fotos berufen, um einen Bescheid zu verschicken? Oder gab es vielleicht vorher noch weiteren Schriftverkehr?

„Es kann sein, dass ich im letzten Jahr nicht alles, was mir geschickt wurde, zeitnah beantwortet habe“, räumt Marianus Krall in unserer Facebook-Gruppe ein. Er habe aber nach Erhalt des Bescheids alles unternommen, um die Situation zu klären – also E-Mails verschickt und telefoniert, aber nicht immer jemanden im Rathaus erreicht.

 

Dennoch findet Marianus Krall: Das Facebook-Profil zu durchstöbern – das geht gar nicht: „Ich erwäge nun rechtliche Schritte gegen die Stadt wegen Datenmissbrauchs.“

 

„Beweislast liegt bei der Stadt“

Wie auch immer: Anwältin Martina Hannewald schätzt die Lage so ein: „Die Beweislast, dass Hr. Krall Hunde besitzt, liegt bei der Stadt.“

Kann das Rathaus also nicht beweisen, dass er Hundebesitzer ist, bzw. kann Marianus Krall den Richter oder die Richterin von seiner Aussage überzeugen, dann ist der Bescheid rechtswidrig und kann aufgehoben werden – muss es aber nicht. Denn auch da gibt es einen Ermessensspielraum, erklärt Anwältin Hannewald. Denn alles dreht sich nunmal um die „Bestandskraft“ des Bescheids.

 

Sollte die Stadt ihren Bescheid jedoch aufheben (müssen), wäre das in der Tat etwas peinlich für die Verwaltung. Und der ganze Wirrwarr wegen des unkorrekten Widerspruchs wäre vollkommen unnötig gewesen.

Eins darf aber auch nicht vergessen werden: Es liegen noch nicht alle Fakten zu dem Fall vor. Mit der Sachlage muss sich jetzt das Verwaltungsgericht auseinandersetzen.

 

Doch der „Amtsschimmel“ ist nun losgaloppiert und kann vorerst nicht mehr gestoppt werden – eben weil es dieses strenge Verwaltungsverfahrensgesetz gibt.

 

Ratschlag: Handlungsanweisung der Rechtsmittelbelehrung genau befolgen

Als Laie ist das vielleicht ein undurchdringliches Dickicht.
Aber so ist nun einmal das Rechtssystem.

Anwältin Martina Hannewald nimmt dies zum Anlass für einen wichtigen juristischen Rat: „Unter jedem Bescheid steht eine Rechtsmittelbelehrung mit einer Handlungsanweisung für den Fall eines Widerspruchs. Daran sollte man sich auch halten.“

Ansonsten kann es sein, das man in die Mühlen der Verwaltungsmaschinerie gerät – so wie in diesem Falle.

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: anzeiger24.de

 


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