Rad- und Nahverkehr sollen nach der Pandemie besser gefördert werden
Für viele deutsche Autofahrer ist es ein hochsensibles Thema: Nach den Grünen hat nun auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgeschlagen, global in jeder geschlossenen Ortschaft ein Tempolimit von 30 km/h einzuführen. Mehrere Medien zitieren Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus zum Start der Hochrangigen Tagung Verkehr, Gesundheit und Umwelt im Mai 2021: Die Welt brauche „sichere, gesunde, grüne und lebenswerte Städte“. Ein niedriges Tempolimit könne dazu beitragen. Wenn die Corona-Pandemie einmal überwunden sein wird, könne dies als „Chance auf einen Neustart“ genutzt werden.
Nach Ansicht der WHO erhöht ein niedrigeres Tempo die Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer, aber auch für die Autofahrer. Laut WHO sterben jährlich 1,3 Millionen Menschen weltweit im Straßenverkehr.
Die Wiener Erklärung 2021: Radfahren als Gesundheitskonzept
Die Hochrangige Tagung Verkehr, Gesundheit und Umwelt mit 46 Ministern aus 56 Ländern endete außerdem mit der Wiener Erklärung, die für die Förderung des Radverkehrs fordert u.a.:
- die Verdopplung des Radverkehrs in der Region bis 2030;
- eine deutliche Steigerung des Fuß- und Radverkehrs in jedem Land;
- die Verbesserung der Infrastruktur für aktive Mobilität in jedem Land;
- die Erhöhung der Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger;
- die Einbeziehung des Radfahrens in Gesundheitskonzepte
Die ganze Wiener Erklärung gibt es hier zusammengefasst.
ADAC: Besser Grüne Wellen statt Tempolimit
Das sehen Interessenvertreter für die Autofahrer natürlich etwas anders. So gab beispielsweise der ADAC Anfang Juni 2021 bekannt: „In einer aktuellen Umfrage der ADAC Markt- und Meinungsforschung sprechen sich acht von zehn Mitgliedern dafür aus, dass in geschlossenen Ortschaften generell Tempo 50 das Limit sein soll. 30 km/h auf Hauptverkehrsstraßen wünschen sie sich nur als Ausnahme, zum Beispiel vor Schulen oder Altenheimen.“
„Die geltenden Regeln haben sich bewährt„, sagt ADAC Verkehrsexperte Ronald Winkler. Und wenn schon Tempolimits, dann müssten sie nachvollziehbar sein: „Entscheidend ist, dass die Autofahrer verstehen, warum sie langsamer fahren sollen.“
Und gerade in Großstädten seien bereits viele Teile des Straßennetzes auf 30 km/h beschränkt, in München etwa liege die Quote bei über 80 Prozent. Und wenn nun 100 Prozent der Straßen temporeduziert werden, dann nutzen Autofahrer eher Schleichwege und Wohngebiete, entweder weil sie abkürzen oder Staus ausweichen wollen, so Winkler. Das habe eine ADAC Untersuchung ergeben.
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Für die Umwelt sei Tempo 30 nur ein Gewinn, „wenn dadurch mehr Menschen aufs Fahrrad oder auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen“, heißt es weiter. Also im Prinzip das, was auch die WHO fordert.
Aber, so der ADAC: „Auf die Pkw-Emissionen, das hat der ADAC untersucht, hat Tempo 30 im Vergleich zu Tempo 50 keinen nennenswerten Einfluss. Um die Belastung zu senken, empfehlen die Verkehrsexperten des Clubs gut aufeinander abgestimmte Ampelanlagen – grüne Wellen sind gut für die Umwelt.“
Mehr Verkehrssicherheit sieht der ADAC auch nicht und beruft sich auf Untersuchungen der Bundesanstalt für Straßenwesen: „Die Unfallschwerpunkte liegen innerorts meistens an Kreuzungen„, erklärt Winkler. „Und beim Abbiegen wird ohnehin nicht schnell gefahren.“
Text: Achim Kaemmerer
Fotos: Archiv / Gordon Johnson/Pixabay / Collage: anzeiger24.de
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