Infektionslage: Abwasser messen statt testen?

Wie funktioniert das Monitoring – und welche Vorteile bringt es?

Viele Menschen wollen es zwar nicht mehr hören, aber: „Corona“ ist noch lange nicht vorbei, auch wenn viele Infektionsfälle jetzt eher milde verlaufen.

Dennoch: Weiterhin stecken sich die Leute an und tragen das Virus weiter. Aber wie viele sind denn nun infiziert?

So richtig weiß das immer noch niemand; denn die Datenlage ist und bleibt konfus. Und wenn sich weniger Menschen testen (z.B. weil das jetzt ohne konkreten Anlass 3 Euro kostet), bleibt nach wie vor eine hohe Dunkelziffer.

 

Nun will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ein neues Instrument einsetzen: Die Überwachung von Abwasser soll als Früh- und Entwarnungssystem für die Pandemie fungieren. Denn anhand der Ausscheidungen, also des Genmaterials, kann man den Infektionsgrad der Bevölkerung messen – so die Idee.

 

Doch wie funktioniert das eigentlich?

Das wissen die Kommunen, die das dann ja umsetzen müssten, wahrscheinlich augenblicklich noch nicht so genau.

Wir haben uns einmal in Köln erkundigt. Denn die Domstadt ist seit Oktober 2021 eine von 20 Pilotkommunen für die systematische Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser.

 

Wir haben bei der Stadt nachgefragt; Pressesprecherin Simone Winkelhog hat uns geantwortet.

 

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Was genau wird bei diesem Monitoring gemacht?

An Corona erkrankte Menschen scheiden das Virus aus, so dass sich durch die Untersuchung des Abwassers ein Bild vom Infektionsgeschehen gewinnen lässt.

Beim Monitoring werden deshalb Proben aus dem Abwasser einer Kommune mindestens zweimal die Woche entnommen und per PCR-Test auf das Corona-Virus untersucht. Ähnlich einem Pooltest – nur mit viel mehr Teilnehmern – kann es so als Frühwarn- oder auch als Entwarnungssystem genutzt werden.

Nur wenige Kubikzentimeter einer Wasserprobe reichen dafür aus.

 

Welche Richtwerte gibt es?

Das Abwasser wird auf bestimmte für das Corona-Virus typische Zielgene pro Milliliter untersucht.

 

Welche Erfahrungen hat die Stadt Köln gemacht?

Es hat sich gezeigt, dass Änderungen im Infektionsgeschehen zehn Tage vor den offiziellen Fallzahlen erkennbar sind.

Beispiel: Die offizielle Kölner Inzidenz lag am vergangenen Freitag (1. Juli) bei 887,2. Durch die Abwasser-Analyse wissen wir aber, dass sie tatsächlich bei über 1.500 lag.

Das ist ein Vorteil der Abwasser-Analyse: Sie erfasst auch Infektionen von Menschen, die keine oder noch keine Symptome haben und somit oft keinen Corona-Test machen.

 

Nur 250 Kläranlagen untersuchen?

Nun soll dieses Prinzip also in allen Kommunen, bzw. in den rund 10.000 Klärwerken angewendet werden?

An so vielen Standorten sei eine Corona-Analyse aber nicht notwendig, erklärte Abwasser-Expertin Susanne Lackner von der Technischen Universität Darmstadt in einem Interview mit dem „Spiegel“: „Die müssten wir nicht alle überwachen. Rund 250 Kläranlagen würden ein gutes Lagebild zeichnen.“

 

Also wären dann wirklich keine Tests mehr notwendig?

Wenn man sich das so recht überlegt: Eigentlich doch.

Denn das Abwassermonitoring erlaubt zwar realistischere Rückschlüsse auf die gesamte Infektionslage.

Aber immer noch kommt es auf jeden einzelnen an, ob sich das Virus verbreitet oder nicht. Wenn man also sicher sein will, beispielsweise bei einer Veranstaltung oder dem Besuch von älteren Menschen, sei weiterhin ein individueller Test empfohlen – auch wenn er jetzt eben für die meisten Menschen 3 Euro kostet.

 

Doch für Gesundheitsminister Lauterbach steht fest: „Anlassloses Testen“ soll nicht mehr kostenlos sein; es werden nur noch Tests vom Bund finanziert, wenn vulnerable Risikogruppen geschützt werden; und: Patientinnen und Patienten mit Symptomen sollen sich beim Arzt testen lassen.

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Manfred Antranias Zimmer/Daniel Dan / Pixabay 

 


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