Corona-Lage: Wann bekommen wir endlich bessere Daten?

Was sagt das Abwasser-Monitoring aus? Und wie viele Menschen erkranken wirklich?

Eigentlich weiß ja niemand so genau, wie viele Menschen in Deutschland tatsächlich infiziert sind. Das hat mehrere Gründe. Zum Beispiel kommen die Gesundheitsämter mit den gemeldeten Daten aus den Testergebnissen nicht immer nach. Oder es gibt halt eine Dunkelziffer, weil viele Menschen zwar infiziert sind, sich aber nicht testen lassen, etwa weil sie keine Symptome haben, und unentdeckt bleiben.

Nun aber hat Bundesgesundminister Karl Lauterbach eine andere Methode im Blick, mittels derer das Infektionsgeschehen „greifbarer“ und verlässlicher erfasst werden soll: Über das Abwasser soll die wahre Konzentration der Virusmenge erkannt und evaluiert werden.

 

Das Prinzip: Im Kanal, bzw. in der Kläranlage landet alles, was die Menschen ausscheiden – also auch Spuren des Corona-Virus.

Wir haben berichtet: In Köln läuft eines von rund 20 Modellprojekten. Durch das Abwassermonitoring konnte so die tatsächliche, bzw. eine realistischere Inzidenz festgestellt werden – und die war manchmal sogar doppelt so hoch wie die Auswertung aufgrund der offiziellen Testergebnisse. Die Dunkelziffer wurde somit minimiert.

 

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Nun fürchten so manche Mitmenschen: Wenn die Fallzahlen auf diese Weise ansteigen, könnte die Regierung mal wieder neue Maßnahmen anordnen.

 

Es stellt sich daher die Frage: Wann wird das überhaupt eingeführt?
Wir haben mal nachgefragt.

 

BRW: Noch nichts geplant

Fragt mal beispielsweise die Kommunen und Wasserwerke an, deren Kanäle, bzw. Kläranlagen dann ja für das Abwassermonitoring herhalten müssten, dann stößt man vornehmlich auf Achselzucken.

Markus Koch, Leiter des Fachbereichs Abwasser beim zuständigen Bergisch-Rheinischen Wasserverband (BRW) für den Kreis Mettmann, erklärt uns: „An keiner unserer 22 Klärwerke wird bisher eine Corona-Analytik eingesetzt. Auch ist ein solcher Einsatz in Abstimmung mit unseren Mitgliedskommunen bisher nicht geplant.“

 

Ministerium: Modellprojekte laufen bis Frühjahr 2023

Wir fragen weiter beim Bundesgesundheitsministerium. Dort teilt man uns mit: „Im Frühjahr 2023 werden Empfehlungen für das weitere Vorgehen erwartet. Dabei wird auch geprüft, welche Standortdichte in Deutschland empfohlen wird.“

 

Und was genau wird da nun eigentlich gemessen? Welche Richtwerte soll es geben, und was sagen die überhaupt aus?

Eine konkrete Antwort darauf bekommen wir nicht: „Aktuell wird an den Standorten eine Dateninfrastruktur eingerichtet, um die dort gewonnenen Daten zu SARS-CoV-2 im Abwasser auszuwerten und zu beurteilen. Eine Festlegung auf geeignete Messeinheiten wird in diesem Rahmen im Verlauf des Projektes erfolgen.“

 

Heißt also: Die kommende Herbst- und Wintersaison, in der laut Minister Lauterbach die „nächste schwere Welle“ droht, wird dieses Instrument noch gar nicht eingesetzt.

Außerdem steht noch gar nicht fest, wie die gemessenen Werte eingeordnet werden sollen.

 

Stattdessen: Bessere Daten zur Bettenbelegung

Trotzdem macht Lauterbach eine Ankündigung, die klingt, als würde das Abwassermonitoring bereits nach dem Sommer im Einsatz sein. In einer Bundestagsrede am 7. Juli 2022 erklärte er: „Wir werden zum ersten Mal noch viel bessere Daten haben. (…) Hierzu haben wir einen Pandemieradar in Vorbereitung; er wird zum September am Start sein. (…) Wir werden ein Frühwarnsystem über die Entwicklung der Infektionen haben; dafür nutzen wir ein Abwasser-Monitoring.“

 

Aber ist es nicht ohnehin wichtiger, auf die Situation in den Krankenhäusern und Intensivstationen genauer zu schauen? Schließlich sollte es ja bei den Maßnahmen immer darum gehen, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Und nicht jeder infizierte Mensch muss ins Krankenhaus.

Dazu erklärt Lauterbach: „Wir werden über das System ‚Demis‘ tagesaktuell die Daten bekommen: Wie viele Betten sind mit Covid-Patienten belegt? Wie viele Betten sind noch frei? (…) Wir werden darüber hinaus über ein Sentinel-System herausfinden, wie viele Menschen an Covid erkrankt sind, die ins Krankenhaus kommen, und wie viele mit Covid ins Krankenhaus kommen, sodass wir eine deutlich bessere Datenbasis haben.“

 

Nun soll also endlich diese kleine, aber entscheidende Differenzierung („mit“ oder „wegen“ Covid 19 im Krankenhaus?) eingeführt werden?
Das wäre doch in der Tat aufschlussreicher, um die Gefahr des Virus besser einzuschätzen, anstatt immer auf die Inzidenzen zu starren…

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Franz W./G.Altmann / Pixabay

 


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