Berliner Viertel: Eine Erfolgsgeschichte

Ex-Bewohner erzählt von seinem persönlichen Erfolg

Das Monheimer Berliner Viertel bringt selten Erfolgsgeschichten hervor. Die Themen Kriminalität, Brandstiftung sowie Müll- und Rattenprobleme sorgen gefühlt seit Jahrzehnten regelmäßig für Schlagzeilen. Auf unseren Beitrag „Sozialhilfe und Arbeitslosigkeit: Monheim hat kreishöchste Quote“ meldete sich ein junger Familienvater (37), der im Berliner Viertel aufgewachsen ist. Er möchte seine Geschichte erzählen, um andere zu motivieren.

 

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Viele lockt das Angebot in Monheim

Studiumsbeginn mit 29, Abschluss mit 33, heute Controller, Familienvater und stolzer Eigenheimbesitzer in Monheim. „Das geht schon wenn man möchte“, sagt Kadir Cay und fährt fort: „Ich denke, das Thema (Sozialhilfe und Arbeitslosigkeit in Monheim. Die Redaktion) ist viel komplexer. Es gibt nicht nur sogenannte Stereotypen. Dazu kommt, dass viele Familien und oder Alleinerziehende aufgrund des Angebotes für Kinder nach Monheim ziehen: Kostenlose Verkehrsmittel, Kita beitragsfrei etc. Ich kann mir schon vorstellen, dass das auch dazu beitragen kann.“

 

Familie zog 1980 ins Berliner Viertel

Kadir Cay wuchs im Berliner Viertel auf. Sein Vater kam im Jahre 1974 als „Gastarbeiter“ aus der Türkei in der Gänselieselstadt an. 1980 holte der Familienvater seine Frau und seine beiden Töchter nach. „Im Oktober 1980 haben sie dann die Wohnung im Berliner Viertel bezogen,“ erzählt Kadir Cay. 1981 wurde die 3. Tochter geboren,1983 der 1. Sohn und 1985 war mit der Geburt von Kadir die Familie komplett. Cays Vater war unter der Woche als ungelerne Kraft ( Arbeiter ) beschäftigt und fuhr zusätzlich an den Wochenende Taxi, um seine Familie durchzubringen. „Mehr Vorbild für Fleiß habe ich bisher nie erfahren“, sagt Kadir Cay über seinen verstorbenen Vater. Cays Geschwister seien alle ihren Weg gegangen und sind in Deutschland erfolgreich integriert. Cay: „Ich habe keinen klassischen Weg beschritten. Ich habe recht spät studiert. War nach der Schulzeit auch gar nicht Thema für mich weil ich kaum „Vorbilder“ dafür hatte.“

 

 

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Wunsch sich beruflich weiter zu entwickeln

Erst durch die „Entwicklung seines eigenen Mindsets“ sei bei Kadir Cay der Wunsch gereift, sich beruflich weiter zu entwickeln. Jedoch habe ihm zunächst hierfür der finanzielle Background gefehlt. Kadir Cay erinnert sich: „Mit 29 habe ich dann den Schritt gewagt und meine Sterne neu sortiert. Das war der beste Schritt im meinem bisherigen Leben, außer Papa zu werden.“ Finanziert hat er das Studium zum Teil mit Bafög und der größere Teil mit Jobs in der Gastronomie. Dabei half ihm seine abgeschlossene Ausbildung als Fachmann für Systemgastronomie. Kadir Cay erklärt: „Meiner Meinung nach lag es an meinen Eltern, diesen Erfolg schlussendlich zu haben. Ich habe beide früh verloren, meibeb Vater mit 21 und meine Mutter mit 23 Jahren. Danach denkt man grundsätzlich noch mal um.“

 

 

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Begabung für Zahlen genutzt

Schließlich hat Cay seine Begabung für Zahlen mit einem Studium „untermauert“ und sich dem Controlling zugewandt. Nach dem Studium arbeitete er zunächst bei der MEGA. „Anschließend war ich beim größten online Händler für Autoersatzteile in Berlin beschäftigt und heute bin ich beim größten Immobilienverwalter der Stadt Köln tätig“ sagt Kadir Cay nicht ohne Stolz. Sein Einkommen habe sich im Vergleich zu dem vor dem Studium verdreifacht! „Ich habe gelernt und begriffen, dass es am Ende nur an einem selber liegt“, reflektiert Kadir Cay und fährt fort. „Ich hatte auch die Zeiten durch, als immer jemand anderes an meiner Situation die Schuld trug, wenn ich gescheitert bin die Gründe in Rassismus gesucht habe. Aber wenn man etwas auf dem Kerbholz hat, weiß ich, dass es das maximal nur vereinzelt gibt. Man ist selbst der Schlüssel für Veränderungen, das ist ganz wichtig zu verstehen.“

 

 

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Andere aus dem Berliner Viertel animieren

Er startete seine berufliche Laufbahn in der Gastronomie, inzwischen bekleidet er einen verantwortungsvollen Posten im Controlling-Bereich, wo er mit zweistelligen Millionen-Beträgen operiert. „Niemand schenkt einem das, verwehrt es einem jedoch auch nicht, wenn man sich aufmacht, da anzukommen“, bekräftigt Kadir Cay. Wenn er es schafft, auch nur einen aus dem Berliner Viertel zu animieren, der oder die es noch nicht geschafft hat, den Hebel umzulegen, hätte es sich mehr als gelohnt, seine Geschichte zu erzählen, so Kadir Cay.

Text: Marjana Kriznik

Foto: Stadt Monheim am Rhein/privat, Montage: Marjana Kriznik