
Die Karten sind neu gemischt: In Monheim gibt es mit der Wahl von Bürgermeisterin Sonja Wienecke nicht nur an der Stadtspitze einen politischen Wechsel. Auch wenn die PETO mit 17 Sitzen in der kommenden Wahlperiode weiterhin die stärkste Fraktion bildet – es wird ihr nicht mehr viel nützen, weil sie von CDU (13 Sitze), SPD (sieben Sitze), Grüne (drei Sitze) und FDP (ein Sitz) überstimmt werden könnte – sofern diese teilweise zusammenhalten und bei Entscheidungen Bündnisse schmieden. Und diesen Trumpf haben die neuen Kräfte direkt bei der konstituierenden Sitzung am 5. November 2025 ausgespielt.
Ein spezielles Vorhaben, das der ehemalige Bürgermeister Daniel Zimmermann von der PETO mit Leidenschaft voran getrieben hat, wurde per Antrag und mit Mehrheit abberufen (während die Fans zeitgleich den CL-Sieg gegen Benfica Lissabon feierten) – doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen…
Standort Ida-Siekmann-Straße abgelehnt
Das geplante Sportleistungszentrum für Bayer 04 Leverkusen im Bereich Ida-Siekmann-, Käthe-Kollwitz- und Alfred-Nobel-Straße ist vorerst vom Tisch. CDU, SPD, Grüne und FDP stimmten für den gemeinsamen Antrag, den Beschluss zum Bauleitverfahren aufzuheben.
Der Bundesligist benötigt neue Trainingsflächen, weil der eigene Raum zu eng wird, wenn die A1 neben der BayArena eines Tages erweitert wird.
Auf rund 22 Hektar sollen zwölf Fußballplätze sowie dazu gehörige Gebäude, eine Zufahrtstraße, ein Parkhaus und eine Tribüne für rund 500 Zuschauer entstehen.
Viele Anwohner protestierten gegen das Mega-Projekt, weil eine Naturlandschaft überbaut und mehr Lärm befürchtet wird.
Auch die vier genannten Parteien sehen das Vorhaben kritisch: „Die geplante Änderung und Bebauung widerspricht den städtebaulichen, ökologischen und sozialen Zielsetzungen der Stadt“, heißt es in dem Gemeinschafts-Antrag. „Die Eingriffe erscheinen in Relation zum öffentlichen Nutzen als nicht gerechtfertigt [und betreffen] sensible Grünflächen und wichtige Biotopverbundflächen. Die Versiegelung würde den Grünzug in seiner Funktion stark beeinträchtigen, ein funktionaler Ausgleich wäre nicht möglich.“ Eine Kontamination und ein dauerhafter Verlust von Freiflächen könnten „nicht ausgeschlossen“ werden.
Es drohe außerdem eine „thermische Belastung“ der Wohngenbiete und des Monheimer Südens, weil Kaltluft entzogen wird und ein Temperaturanstieg „hochwahrscheinlich“ sei. Außerdem seien mehr Verkehr und Lichtemissionen und weitere Belastungen zu erwarten.
Und: „Es besteht keine akute oder dringende Notwendigkeit zu baulichen Entwicklung an dieser Stelle“, meinen die Antragsteller.
Club verärgert: „Enttäuschend und beispiellos“ – Petition gestartet
Der Werkself-Club zeigt sich erwartungsgemäß verärgert von der Entscheidung. Bereits vor der Abstimmung erklärte Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes gegenüber der WDR-Lokalzeit am 4. November 2025: „In acht Tagen sind Termine anberaumt mit den einzelnen Parteien für Gespräche über mögliche Lösungen. Da wäre es schon enttäuschend und überraschend, wenn eine Woche vorher alles gecancelt wird. Das wäre wirklich beispiellos und kann man auch nicht verstehen, wenn das so kommen würde. Wir bleiben dran an diesem Standort. Wir haben keinen Plan B.“
Derweil hat der Club eine Petition gestartet und ruft nicht nur die Fans zur Unterstützung auf: „Der Bayer 04 Campus ist ein wichtiges Zukunftsprojekt – für die gesamte Bayer-Gemeinschaft, für Monheim, Leverkusen und für unsere Region“, heißt es zum Einstieg. „Besonders der Nachwuchssport würde enorm profitieren.“ Die Trainingsstätte bringt die auf die Region verteilten Talente „endlich zusammen, an einem Ort, der modernes Training und optimale Ausbildung ermöglicht.“
Außerdem würden 150 neue Arbeitsplätze und ein hohes Auftragsvolumen für ortsansässige Unternehmen entstehen. Daher sei es „nicht nachvollziehbar, mit welcher Leichtigkeit der Stadtrat“ dies alles „abcancelt“.
Am Abend der Ratssitzung haben bereits knapp 12.800 Unterstützer die Petition unterschrieben.
„Tür noch nicht zugeschlagen“: Überarbeitete Planung wird erwartet
Zur Klarstellung: mit dem Beschluss ist das Projekt noch nicht gestorben. Das erklärte auch die neue Bürgermeisterin gegenüber der BILD-Zeitung: „Ich halte nichts davon, diese konstruktive Dialogebene zu verlassen (…) Wir sind immer gesprächsbereit, prüfen neue Ideen gerne. Dabei müssen die Vorteile für die Menschen in Monheim überwiegen.“ In der Ratssitzung ergänzte sie, dass sie weiter „am Ball“ und im Gespräch mit Bayer bleibe.
Die Tür sei noch nicht zugeschlagen, betonte auch Ratsherr Wolfgang Gronauer, Fraktionsvorsitzender der CDU, während der Ratsdebatte: „Der Beschluss heißt nicht, dass wir das Trainingszentrum nicht wollen.“ Nur eben nicht in der jetzigen Form. Das Ratsbündnis wolle ein „Signal aussenden, dass wir eine überarbeitete Planung wollen, die besser zu Monheim passt.“
In der kommenden Woche wolle Bayer eine solche Planung vorlegen, „die noch keiner kennt„, so Gronauer. „Wenn diese Lösung verträglicher ist, sind wir bereit.“
Alexander Schumacher (SPD) ergänzte, man wolle die Gespräche „ergebnisoffen“ führen; und im übrigen sei dieses Bündnis dafür auch gewählt worden.
Stefanie Einheuser von der PETO hielt dagegen: Der Antrag habe einen hohen Schaden für das Image der Stadt und der Wirtschaftsförderung angerichtet und „den größten Arbeitgeber der Stadt vor den Kopf gestoßen„.
Die Umwelt-Bedenken teilt die Ratsfrau nicht: „Ein Fußballplatz ist als Kaltluftschneise immer noch besser als eine Wohnbebauung.“ In einem Bauleitverfahren werde alles von Fachleuten systematisch geprüft und bewertet. Ohne diese Prüfung den Plan jetzt schon zu verwerfen, sei unseriös.
Außerdem: „Viele Fußballvereine in Monheim befürworten das Projekt und freuen sich darauf“, so Einheuser. Und das Trainingszentrum sei eine gute „Eigenwerbung“ für die Stadt.
Joana Matika-Volgmann ergänzte, dass die Planung auch einen Grünzug beinhalte und die Planung angepasst werden könne.
Die PETO appellierte daher an die Antragsteller, die Gespräche noch abzuwarten, denn ein Aufschub „kostet einfach nur Zeit für Bayer“.
Nach einer über zweistündigen Diskussion wurde auf Antrag der PETO eine geheime Abstimmung durchgeführt (falls doch noch einige Ratsmitglieder „in sich gehen wollten“). Das Ergebnis: 24 Ja-Stimmen (diese könnten also rechnerisch und geschlossen von CDU, SPD Grünen und FDP stammen), 19 Nein-Stimmen, vier Enthaltungen. Damit wurde der Antrag angenommen.
Hat Monheim damit ein Golden Goal für den Naturschutz oder ein Eigentor für den Wirtschaftsstandort erzielt? Diese Frage bleibt weiterhin offen. Das Spiel ist noch lange nicht abgepfiffen…
Die komplette Debatte kann im Rats-TV der Stadt Monheim nachträglich verfolgt werden.
Bericht: KA
Foto: anzeiger24.de
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